Chronische Wunden – eine Herausforderung für die moderne Wundversorgung

Die Versorgung von chronischen Wunden bedeutet in der modernen Wundversorgung trotz guter und an die Wundphasen angepasster Verbandstoffe medizinisch und pflegerisch eine große Herausforderung, weiss die Wundexpertin Bettina Lange.

Wann sprechen wir von chronischen Wunden?

Von chronischen Wunden sprechen wir wenn sich der Verlauf innerhalb von 4-12 Wochen nicht signifikant verbessert, trotz konsequenter Therapie. Solche Wunden können durch die Folge einer Verletzung entstehen, werden aber häufig durch vorhandene Grunderkrankungen wie Gefäßerkrankungen oder Diabetes verlängert.
Die chronische Wunde muss bei jedem Verbandwechsel gereinigt werden, wobei es sich hier nur um eine neutrale Spülung handelt und keine klassische Desinfektion wie bei infizierten Wunden.

Die Wundspülung dient der Lösung von Belägen und losen Wundpartikeln.

Eine gute Spülung ermöglicht eine richtige Beurteilung der Wunde: Saubere Wunde – besseres Blickfeld.

Wie nimmt man Spülungen richtig vor?

Spülungen sollten unter aseptischen Bedingungen erfolgen. Non-Touch-Technik (die Wunde wird also nicht berührt) ist die derzeit die beste Methode, um „sauber“ zu arbeiten. Zunehmend werden Präparate mit Polihexanid als Mittel der 1. Wahl für schlecht heilende chronische bzw. für sehr empfindliche Wunden benutzt.
Das Ziel der Wundheilung liegt in der Wiederherstellung einer geschlossenen Hautoberfläche. Seit 1962 weiß man in der Wundversorgung, dass nicht das Trockenhalten der Wunde zum Erfolg führt, sondern die feuchte Behandlung einer Wunde. Es wird mit Hilfe von speziellen Verbandstoffen ein feuchtes Milieu in der Wunde geschaffen. In diesem optimalen Wundmilieu werden Zellen des Immunsystems, die an der Wundreinigung und Infektabwehr beteiligt sind, aktiviert. Ein feuchtes Wundmilieu fördert die Regeneration des Bindegewebes und die Neubildung von Blutgefäßen. Nur so kann ein Erfolg erzielt werden.

Die Feuchtigkeit, die entsteht, fördert in der Reinigungsphase die Autolyse von Belägen (autolytisches Debridement). Das abgestorbene Gewebe wird durch vermehrte Exsudation gelöst, verflüssigt und im Verband aufgenommen. In dieser Phase benötigen wir ein aufsaugendes Material. In der Granulationsphase wird das Wachstum der Granulationszellen, welche den Defekt auffüllen, gefördert. Feuchte Verbände erzeugen in dieser Phase ein hervorragendes physiologisches Mikroklima, welches die Zellteilung und damit die Bildung von Granulationsgewebe fördert. Zum Schluss wird in der Epithelisierungsphase die Kollagensynthese stimuliert und zur besseren Narbenbildung im Sinn der Hautschließung beigetragen. Die moderne Wundbehandlung unterstützt und beschleunigt die Vorgänge in den jeweiligen Phasen. Entscheidend für eine gute Wundheilung ist die geeignete Wundauflage zum richtigen Zeitpunkt, die häufig nur durch den Experten gesehen werden kann.

Zusammenfassend:

Die Behandlung von Menschen mit chronischen Wunden ist eine individuelle Leistung, wobei Ärzte und Pflegepersonal manchmal an ihre Grenzen kommen. Aufgrund der vielfältigen Ursachen und Symptome gehen Patienten mit chronischen Wunden einen langen Leidensweg, bis sie zu einem Experten kommen, welcher ihnen professionell helfen kann.

Es gibt keine „Kochrezepte“ wie etwa in der Behandlung von Herzpatienten. Deshalb ist die Beobachtung, Beschreibung und Einschätzung einer chronischen Wunde oberstes Gebot.

Oberste Regel ist bei chronischen Wunden wie bei allen anderen Wunden eine saubere bzw. aseptische Behandlung und eine gute Beobachtung und Beurteilung

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